Der traditionelle Novembervortrag findet wie immer in der Mehrzweckhalle Hubersdorf statt. Die Stuhlreihen sind gefüllt mit zahlreich erschienenen Interessierten.
Nach einer kurzen Einführung unseres Co-Präsidenten Rolf Amiet stellt sich Philip Spillmann gleich selbst kurz vor.
Als Verantwortlicher für das Jagdgebiet Balm kennt er das Gebiet und das darin lebende Wild bestens. Mit vielen Anekdoten ausgeschmückt vermittelt er viel Wissenswertes zum Leben der Tiere und zu den Aufgaben der Jäger, die bei weitem nicht nur in der Regulierung des Wildtierbestandes bestehen. Hier exemplarisch zwei Themen: die Rehkitzrettung und die Wirkung des Luchses.
Der Bewirtschafter einer Wiese ruft beim zuständigen Jagdverein an und meldet das Datum der vorgesehenen Mahd. Am festgesetzten Tag wird die Wiese frühmorgens, wenn der Boden noch kalt ist, mit Hilfe einer mit einer Wärmebildkamera bestückten Drohne von einem dafür ausgebildeten Drohnenpiloten abgesucht. Ein Rehkitz – gross wie zwei ausgebreitete Hände – erschein als heller Fleck. Ein Jäger schreitet nun durch das hohe Gras, sucht das kaum sichtbare Kitz, hebt es mit einem Büschel Gras auf, trägt es an den Waldrand und bedeckt es mit einer Kiste, um es vor allfälligen Räubern zu schützen. Sobald die Wiese gemäht ist, wird die Kiste entfernt. Die Rehgeiss wird das Kitz bald holen und an einen neuen sicheren Platz bringen. Das ist aufwendig, bewahrt aber die Rehkitze vor schwersten Verletzungen durch die Mähmaschine, denn im hohen Gras ist es ohne Wärmebildkamera nicht zu finden.
Sollte es doch einmal zu einem Mähunfall kommen, erlöst der obligatorisch herbeigerufene Wildhüter das Tier.
Wohl nicht allen bekannt ist, dass die Paarungszeit der Rehe im Sommer stattfindet, die Setzzeit nach fünfmonatiger Tragzeit aber erst im Mai /Juni des folgenden Jahres. Wie das aufgehen soll? Der Reh-Embryo legt nach der Einnistung eine Ruhezeit bis Ende Dezember ein. Während dieser Zeit findet kein Wachstum statt. So kommt das Kitz genau dann zur Welt, wenn die Rehgeiss genügend Nahrung findet.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt Philip Spillmann bei den Luchsen. Anfang der siebziger Jahre wurden wieder Luchse angesiedelt. Inzwischen haben sie den ganzen Jurabogen und damit auch den unteren Leberberg besiedelt. Wie viele es genau sind, sei schwer zu sagen. Hauptnahrung sind Rehe, die einmal erlegt in mehreren Etappen gefressen werden. Ist der Luchs fertig mit der Beute, kommen Füchse, Raben und andere Tiere an die Reihe. Die Förster sind froh über die Anwesenheit des Luchses. Rehe und auch Hirsche, die einzuwandern beginnen, verbeissen im Winter die Wachstumsknospen der aufkommenden Jungbäume, um sich zu ernähren während der nahrungsarmen Jahreszeit. Unglücklicherweise bevorzugen sie ausgerechnet diejenigen Baumarten, die von den Förstern als Zukunftsbäume betrachtet werden: Weisstannen, Eichen. Mit der Anwesenheit des Luchses gehen die Verbissschäden im Wald zurück. Einerseits dezimiert der Luchs den Rehbestand, andererseits verlassen die Rehe alte Wildwechsel eher, um dem Luchs auszuweichen. Gämsen sind für den Luchs eine weit schwieriger zu erjagende Beute, da sie in die Felswände flüchten, wohin der Luchs ihnen kaum folgen kann.
Text: Ruth Macauley