Steinkauz

Vortrag Artenförderung

13.11.2025

Mit Lucas Lombardo, Projektleiter Birdlife Schweiz, konnten wir einen Fachmann mit praktischen Erfahrungen im Bereich Artenförderung gewinnen.

Unser Referent, Lucas Lombardo
Seinen Vortrag beginnt er mit niederschmetternden Zahlen: Jeder dritte Vogel ist verschwunden. An drei Beispielen zeigt er die Dramatik. Vom Steinkauz, in der Fünfziger Jahren eine weit verbreitete Art, sind gerade noch etwa 50 Brutpaare übrig, bei der Grauammer beträgt der Einbruch 80% des Bestandes, die Anzahl Kiebitze hat von circa 800 auf knapp 100 Brutpaare abgenommen. Vom Wachtelkönig, ebenfalls früher weit verbreitet, sind Restbestände im Engadin und im Jura übriggeblieben.
Was tun? Mit riesigem Aufwand wird versucht die Wachtelkönige zu schützen, indem jeder Vogel ausgemacht werden und dann mit dem Bewirtschafter der Fläche, wo der Vogel brütet, verhandelt werden muss. Das ist sehr aufwändig, aber nicht mehr als eine Feuerwehrübung, da sich damit an der Problematik der Zerstörung des Lebensraums nichts ändert.
Daher: Weg von Artenförderprogrammen hin zur Aufwertung von Lebensräumen!
An zwei Beispielen veranschaulicht Lucas Lombardo die Vorgehensweise.
Um den Steinkauz zu fördern, wird mit den Naturschutzorganisationen aus dem grenznahen Ausland, wo der Steinkauz noch heimisch ist, zusammengearbeitet. Massnahmen sind hüben und drüben die gleichen: Hostetten schützen oder neu anpflanzen, gestaffelte Mahd, wie das bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts noch üblich war, extensive Wiesen und Weiden erhalten, mardersichere Nistkästen anbringen als Ersatz für die massenhaft gefällten Hochstamm-Obstbäume mit ihren natürlichen Hohlräumen, Erhalt und neue Anlage von Kleinstrukturen (Natur braucht Chaos).
So will man einerseits die bestehenden Populationen im Ausland vergrössern und dem Steinkauz den Weg eröffnen, sich in der Schweiz wieder ausbreiten zu können. Das braucht allerdings einen langen Atem. Es kann gut und gern 25 Jahre Einsatz brauchen, bevor sich der Erfolg einstellt!
Im Grossen Moos, einem landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiet, einem Projektperimeter von 80 Quadratkilometern, sollen Zielarten wie der Kiebitz, die Turteltaube, der Steinkauz, aber auch der Feldhase und die Kreuzkröte gefördert werden. Folgende Massnahmen sollen vielfältige Lebensräume schaffen, die von vielen Arten genutzt werden können. Anpflanzen von Buntbrachen, Umwandlung von Hoch- in Niederhecken (Hochhecken nützen vor allem den verbreiteten Arten wie der Meise). Alle Massnahmen müssen, sollen sie von der Bewirtschaftenden akzeptiert werden, in die Betriebsabläufe passen und entsprechend ausgehandelt werden.
Speziell für den Kiebitz,  ein Watvogel, wurde eine Fläche wieder vernässt und in den ursprünglichen Zustand versetzt, eine abfrierende Gründüngung angesät (um die Vorschrift, dass Äcker immer bedeckt sein müssen einzuhalten), ein Zaun wurde erstellt, um Füchse abzuhalten (früher waren die vernässten Flächen so gross, dass die Füchse, die sich die Füsse nicht gern nass machen, natürlicherweise abgehalten wurden). Ab Mai ist die Fläche ohne sichtbares Wasser und wird von Schottlandrindern beweidet. Diese schaffen durch selektiven Frass und den Tritt ein Mosaik, so dass Zweitgelege bei Verlust des ersten wieder möglich sind.

Kiebitz
Speziell für die Grauammer wurden Streifen ungeernteten Getreides eingeführt. Die Jungen der Grauammer brauchen Getreide in der Milchreife und die Körner sind Winterfutter. Zusätzlich wurde samenbildende Gründüngung angesät als Fütter für Grünlinge und viele weitere Arten. Mit dem Ansäen von Bird&Life Brachen beschreitet man Neuland. Eine Mischung von Wild- und Kulturpflanzen wird ausgebracht und im zweijährigen Turnus gepflegt: im Februar wird die halbe Fläche umgebrochen, im April folgt die Neuansaat, während die andere Hälfte bis im kommenden Februar stehen bleibt. Diese Brache ist für «schwierige» Standorte geeignet, es gibt weniger Neophyten und Problempflanzen wie Acker-Kratzdisteln, das Blütenangebot wird verlängert, was zu einem grösseren Angebot an Insekten führt, das Angebot an Sämereien ist bis in den Winter vorhanden. Sitzwarten ergänzen die Attraktivität der Fläche.
Was bringt der grosse Aufwand?
Dazu ein paar Zahlen: 2019 gab es 6 verpaarte Grauammer-Weibchen, 2024 bereits über 40 verpaarte Weibchen. Der Kiebitz war 2024 ausgestorben im Grossen Moss, 2025 gab es wieder 25 verpaarte Weibchen, Vom Steinkauz gibt es inzwischen wieder 160 Brutpaare. Das sind schöne Erfolge. Trotzdem bleibt die Situation für die immer noch kleinen Populationen prekär.
Und die Schweiz ist das europäische Schlusslicht im Bereich Naturschutz, der ja auch und vor allem Menschenschutz ist.

Apéro-Tisch
Der eindrückliche und sehr informative Vortrag wurde mit viel Applaus verdankt. Im Anschluss, beim Apéro, ergaben sich dann zum Teil intensive Gespräche zum Thema.

Text und Bilder Referent und Apéro: Ruth Macauley, 
Bilder Steinkauz und Kiebitz: Rolf Amiet