Die Karde - eine stinkende Zisterne

15.09.2025

Sie ist eine imposante Erscheinung, die Karde! Bis 2 Meter hoch wird sie und gehört in die Familie der Geissblattgewächse. Im ersten Jahr bildet sie eine grosse Rosette und besetzt ihren zukünftigen Platz. Erst im zweiten Jahr wächst sie in die Höhe. Ihr Stängel ist mit bis 5 mm langen Stacheln bewaffnet. Sie wird deshalb kaum gefressen.
Nach einem Regentag sind die beiden Blätter, die sich gegenüberstehen und um den Stängel zusammengewachsen sind, mit Wasser gefüllt. Oft schwimmen ein paar tote Insekten darin. Ist das Seelein schon ein paar Tage alt, beginnt die Brühe zu stinken. Man nimmt an, dass diese Wasserbecken als Falle für Schädlinge dienen. Vermutet wurde auch, dass die Pflanze die toten Insekten als Nahrung verwerten könnte. Dies konnte bisher aber nicht bewiesen werden – und so bleiben die Seelein ein Geheimnis.

Samenstand der Karde

Der Blütenstand der Karde ist ei- oder walzenförmig. Stachelige, unterschiedlich lange und aufwärts gebogene Hüllblätter umgeben den Blütenstand. Die kleinen violetten Blüten werden von stechenden Spreublättern überragt. Die Entfaltung der Blüten beginnt in der Mitte und wandert dann einerseits nach unten, andererseits nach oben, so dass dann zwei Ringe sichtbar sind. Langrüsselige Hummeln und Schmetterlinge holen sich Nektar und besorgen die Bestäubung.

Im September und Oktober sind die nussigen Samen reif und ein Festessen für die Vögel, allen voran für die Stieglitze.

     Bild: Birdlife
Die vertrockneten hohlen Stängel der Karden sind Überwinterungsplätze für diverse Insektenlarven und sollten deshalb nicht abgeschnitten werden.

Eine nahe Verwandte ist die Weber-Karde, die früher zum Aufrauen von Wollstoffen verwendet wurde. Die abgeblühten Blütenstände wurden längs durchbohrt und auf einer rotierenden Achse aufgereiht. Die Spitzen nutzen sich beim Gebrauch rasch ab und mussten oft ersetzt werden. Heute werden Walzen mit Drähten verwendet. Die althergebrachte, aufwändige Methode mit Karden wird aber heute noch bei besonders hochwertigen Wollstoffen wir Filz für Billardtische angewendet.

Text und Pflanzenbilder: Ruth Macauley