Doldiger Milchstern - Ornithogalum umbellatum: mit Regenrinnen

15.04.2025

Die Tage werden wärmer. Büschel von grasartigen dunkelgrünen Blättern mit einem hellen Streifen in der Mitte spriessen aus dem Boden, wo sich eine Zwiebel verbirgt. Durch ihre gebogene Form und den Falt in der Mitte bilden die Blätter eigentliche Regenrinnen, die das Regenwasser direkt zu den Wurzeln leiten. Sobald die Pflanze zu blühen beginnt, werden die Blätter länger, welken und fallen bald ab.
Die sechszähligen sternförmigen Blüten mit einem grünen Streifen auf der Aussenseite bilden strahlend weisse Schirme. In der Mitte der Blüte sitzt ein kleines Nebenkrönchen mit den ebenfalls weissen Staubblättern, die wie Rahmspitzchen aussehen. Im Zentrum hockt der dicke, fleische Fruchtknoten.
Die Vermehrung geschieht einerseits durch das Bilden von Tochterzwiebeln, andererseits durch die Samen, die aus den Kapselfrüchten zu Boden fallen. Die Samen haben ein Fettpölsterchen (Elaiosom), eine Leibspeise für Ameisen, die die Samen mitschleppen und so verbreiten.

Symbolik
Der Doldige Milchstern kommt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeergebiet. Im Nahen Osten konnte man seine Zwiebeln unter dem Namen Taubendung kaufen. Sie wurden auf dem offenen Feuer geröstet und galten als Delikatesse. Allerdings ist von dem Verzehr abzuraten – mindestens bei uns – da die Pflanze giftig ist. Die weisse Taube ist im Nahen Osten seit uralten Zeiten ein Symbol der Muttergöttinnen Ischtar, Astarte oder Venus und stand für Reinheit, Unschuld und Jungfräulichkeit.
Auch das Sechseck der Sternblüte hat eine symbolische Bedeutung: Das Sechseck entsteht aus zwei gleichseitigen Dreiecken, die sich gegenseitig durchdringen. Dies versinnbildlicht das wechselseitige Durchdringen von Himmel und Erde, von Göttlichem und Materiellem. Das eine Dreieck hat seine Basis auf der Erde, das andere im Himmel und bringt Inspiration, himmlische Freude und Erkenntnisse.

Eine hübsche Legende
Als Maria die Geburt des Jesuskindleins nahen spürte, bereitete sie in der Krippe, in die sie das Kindlein legen wollte, ein Polster aus Gräsern und Kräutern. Eine der Pflanzen war der Doldige Milchstern, der um das Haupt des Jesuskindleins eine Krone aus weissen Blüten wachsen liess.

Name
Die Pflanze hat im Deutschen mehrere Namen: Milchstern, Stern von Bethlehem, Morgenstern und im Französischen Elfuhrblume (Dame d’onze heures).
Der Name Milchstern nimmt Bezug zur milchweissen Farbe der Blüten, Stern von Bethlehem hingegen bezieht sich auf die Herkunft und die symbolische Bedeutung der Pflanze.
Die Namen Morgenstern und Elfuhrblume weisen auf die Blühzeit der Pflanze hin: Bei schönem Wetter öffnen sich die Blüten pünktlich um 11 Uhr und schliessen sich wieder um 15 Uhr.
Der wissenschaftliche Name ist ein Fantasiename. Ornithogalum heisst im Griechischen Vogelmilch. Vögel produzieren keine Milch und trinken auch keine. Der Namensteil umbellatum bedeutet im Lateinischen Dolde und Schirm, was einleuchtet, wenn man die Pflanze blühen sieht.

Verwendung
Der Doldige Milchstern ist unter dem Namen Stern von Bethlehem in den Notfalltropfen der Bachblüten enthalten und hilft gegen Schockzustände, bei der Bewältigung von Traumata, bei grossem Unglücklichsein.

Vorkommen und Blütezeit
Der Doldige Milchstern wächst in Obstgärten, auf Fettwiesen, an sonnigen Krautsäumen, in Weinbergen und blüht von April bis Mai.
Eine im Kanton Solothurn geschützte verwandte Art, der Nickende Milchstern, wächst in der Allee von der Aare zum Solothurner Bischofspalais unter den Linden sowie hinter dem alten Wartehäuschen von St. Kathrinen und blüht zur selben Zeit wie der Doldige Milchstern.

Text: Ruth Macauley