Die Stinkende Nieswurz gehört in die Familie der Hahnenfussgewächse. Die Pflanzen dieser Familie haben oft vielgestaltige Blätter, das heisst, die Blätter haben unterschiedliche Grössen und Formen, je nachdem, ob sie oben an der Pflanze wachsen oder unten. Bei den Hahnenfussgewächsen sehen die Kelchblätter und die Kronblätter gleich aus. Bei der Nieswurz sind sie hellgrün, beim Hahnenfuss gelb, beim Eisenhut blau. Typisch für die Hahnenfussgewächse sind die vielen Staubblätter. Einige von diesen Staubblättern haben sich zu Nektarblättern umgebildet. Diese sind bei der Nieswurz unauffällig, beim Hahnenfuss aber sehen sie aus wie ein Blütenblatt. Wenn man ein gelbes Blütenblatt auszupft, kommt die Nektarschuppe am Blattgrund zum Vorschein. Die Kronblätter beim Hahnenfuss sind also die kleinen grünen Blättchen der Blüte, währen die leuchtend gelben umgebildete Staubblätter sind.
Die Stinkende Nieswurz ist in den Wäldern des Jura weit verbreitet und steht aktuell in denn tieferen Lagen in Blüte.
Blüten und Symbiosen
Die Stinkende Nieswurz hat dunkelgrüne Blätter. Die unteren sind handförmig geteilt, die oberen werden immer einfacher. Da die Bäume im Wald noch keine Blätter tragen, kann die frostharte Pflanze auch im Winter Fotosynthese betreiben. Obwohl ihre Blüten unscheinbar hellgrün sind, meist mit rotem Rand, kann man sie kaum übersehen zwischen den Braun- und Grautönen des Winters. Tatsächlich blüht sie schon von Januar bis April, manchmal noch früher. In den Blütenglocken reifen die weiblichen Narben zuerst, erst danach entwickeln sich die Staubblätter. So kann eine Selbstbestäubung vermieden werden. Die Insekten, die um diese Jahreszeit schon unterwegs sind, werden denn auch reichlich belohnt. Am Rand der Staubblätter befinden sich nämlich kleine tütenförmige Nektarblätter. Während die Insekten den süssen Saft saugen, rieselt der Pollen auf sie herab und wird so zu einer anderen Blüte befördert. Zudem ist es in der Blüte um bis zu 6 Grad wärmer. Hefepilze bauen den Nektar ab und dabei wird Wärme freigesetzt. Pflanze, Pilz und Insekten profitieren so gegenseitig voneinander.
Die schwarzen Samen tragen ein helles Anhängsel, das Elaiosom. das Öl enthält. Ameisen nutzen diese Nahrungsquelle, tragen das Elaiosom in ihren Bau, wo sie das Anhängsel fressen. Den Samen werfen sie aus dem Nest, da er für sie Abfall ist. So tragen sie zur Verbreitung der Nieswurz bei. Die Samen – sogenannte Kältekeimer – ruhen den Sommer über und treiben erst im nächsten Frühling aus.
Verwandte im Garten
Die Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus) ist die einheimische Schwester der rosa blühenden Lenzrose (Helleborus orientalis) im Garten. Eine weitere Schwester ist die Christrose, die als einheimische Wildpflanze fast nur im Südtessin vorkommt.
Aus der Geschichte
Der griechische Staatsmann Solon habe die Pflanze um 600 v. Chr. als chemische Waffe eingesetzt: Er habe einen Bach mit zerkleinerten Wurzeln der Nieswurz vergiftet und so seine Gegner, die das Wasser des Bachs tranken, kampfunfähig gemacht.
Name
Zu ihrem eher unfreundlichen Namen Stinkende Nieswurz kam die Pflanze, weil ihre Blätter beim Zerreiben unangenehm riechen. Das ist ein Warnsignal: Achtung, ich bin ungeniessbar, giftig!
Der wissenschaftliche Name Helleborus foetidus heisst übersetzt Stinkende Speise, die den Tod bringt. Es ist ein Tod durch Herzstillstand.
Der Namensteil Nieswurz zeigt die frühere Verwendung als Niespulver.
Text: Ruth Macauley
