Nebelschleier um die Gipfel im Gasterntal

2tägige Exkursion ins Gasterntal

15.06.2024

Mit einigem Zweckoptimismus besteigen wir am Morgen den Zug. Eben hat es noch in Strömen geregnet, aber für den Nachmittag sieht es besser aus.
Ab Kandersteg fahren wir mit dem Bus die spektakulär in die Chluse gehauene Strasse hinauf und weiter bis nach Selde. Unterwegs hören wir schon von Frauenschuh-Standorten. Erwartungen werden geweckt.
Kein Regen, als wir aussteigen, aber das Tal ist noch wolkenverhangen. Nach einem Kaffee und dem Picknick – immer noch kein Regen! – steigen wir der wilden Kander entlang bergwärts. Gleich nach der Brücke lugt ein Dach aus den Schuttmassen, die das Häuschen letztes Jahr begruben.

Vom Murgang verschüttetes Häuschen

Am Wegrand blühen Wald-Storchschnabel, weisse Pestwurz, Alpen-Pestwurz mit ihrem plastikartigen Blatt, Grüner Alpenlattich und Dreiblatt-Baldrian. Die Köpfe der Wiesenrauten sind vom Regen arg zerstrubbelt und in den Trollblumen finden wir die bestäubenden Fliegen, die ihre trockene und warme Unterkunft nicht verlassen wollen. Weiter oben gibt es nur noch Schutthalden und Schwemmebenen. Hier finden wir verschiedene Weiden, die Grünerle und die Blaue Heckenkirsche mit ihren hängenden gelben Blüten. Die Gewalt des Wassers ist hier erlebbar. Da entdecken wir weit oben auch noch Steinböcke!
Weil die Zuflüsse zur Kander vom vielen Wasser angeschwollen sind und auf der gegenüberliegenden Seite noch grosse, gefährliche Schneefelder in den Lawinenzügen liegen, kehren wir auf dem gleichen Weg zur Unterkunft zurück. Und da, welche Überraschung!, können wir einen schwarzglänzenden Alpensalamander beobachten. Für einige der Gruppe die erste Beobachtung dieser Art!

Alpensalamander


Da wir noch Zeit haben, machen wir noch eine Kurz-Exkursion zu einem wunderschönen Standort mit unzähligen Frauenschuhen, die in schönster Blüte stehen. Es wird eifrig fotografiert. Das Gasterngesicht allerdings finden wir nicht.

Frauenschuh


Am nächsten Tag strahlt die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Die Frühaufsteher können Steinböcke beobachten, die zum Äsen heruntergekommen sind.
Ein Stück folgen wir nach dem Frühstück der Strasse. Zum Glück können wir aber bald abbiegen und gelangen in einen schattigen Tannen-Fichtenwald. Der Weg zickzackt steil bergab. Und es gibt viel zu sehen: das Grosse Zweiblatt, den Waldbärlapp, der sich jahrelang Zeit lässt, ehe er seine Sporenzapfen bildet, Türkenbund, Keilblättriger Steinbrech und das hübsche Moosauge.

Moosauge

Im Auenwald finden wir Rundblättriges Wintergrün, Aurorafalter, Kaisermantel und eine Gebirgs-Mustersteinfliege. Aber auch ein Langblättriges Waldvögelein und Fuchs’Gefleckte Fingerwurz. Sogar zwei Steinadler können wir beim Kreisen beobachten.
Das Picknick können wir an einem schönen Plätzchen geniessen und die vielen von den steilen Bergwänden herunterfallenden Wasserfällen bewundern. Der Frauenschuhstandort ganz in der Nähe kann nicht mehr begeistern, die Blüten sind bereits am Verwelken.
Dann führt der Weg nahe an der Kander und zum Schluss über eine Weide mit viel Quirlblättrigem Läusekraut.
Im Waldhaus halten wir Rast, bevor wir den steilen, aber äusserst eindrücklichen Weg durch die Chluse-Schlucht unter die Füsse nehmen.
Der Zug bringt uns dann müde, aber mit vielen Beobachtungen nach Hause.

Text und Bilder: Ruth Macauley