Das Hofgut Schönthal ist ein Demeter-Betrieb von 100 Hektaren, der zum Ensemble des Klosters Schönthal gehört. Der Betrieb wird von zwei Familien gemeinsam in Pacht bewirtschaftet und liegt auf ca. 700 bis 900 Meter über Meer. Die Betriebsziele sind einerseits wirtschaftlich: der Hof soll ein genügendes Einkommen für die beiden Familien generieren. Daneben aber soll die biologische Vielfalt mit geeigneten Massnahmen gefördert werden und die ästhetischen Qualitäten der Landschaft durch das Handeln der Landwirte erhalten und gefördert werden.
Um alle diese Ziele zu erreichen, gibt es eine begleitende Fachgruppe, die die Bewirtschafter fachlich und im Bereich Mittelbeschaffung unterstützt. Das Projekt wird wissenschaftlich evaluiert.
Unsere Exkursion beginnt in Langenbruck mit einer kleinen Wanderung zum Kloster Schönthal, wo wir auf Josua Weniger und Iris Rüdlinger treffen, Betriebsleitende auf dem Hofgut. Sie beide führen uns und zeigen, was bereits umgesetzt werden konnte.
Als erstes fällt das prachtvolle Weizenfeld mit viel Ackerbegleitflora ins Auge. Da hat es unter anderen Kornblumen, Mohn, die seltene Kornrade, Koriander, Garten-Kresse. Dieses Feld ist entstanden im Zusammenhang mit der Kunstausstellung im Kloster zum Thema Brot.

Nun wenden wir uns nordwärts dem Humbelbach entlang Richtung Chlus.
Eine alte Sperre im Bach wirft die Frage nach dem Zweck der Baute auf. Vermutungen werden geäussert, aber es gibt kein Wissen darüber, so bleibt die Frage ungelöst.
Zwei Trockenmauern öffnen den Raum zu den am Abhang gelegenen Weiden und den darin aufgestellten Skulpturen. Neben der ästhetischen Funktion bieten sie Lebensraum für diverse Kleinlebewesen.
Der Krautsaum, der den Bach einrahmt, wird bewusst gefördert und entwickelt sich prächtig. Die blühenden Mädesüss (Filipendula ulmaria), die bis in den Herbst hinein weiter blühen werden, bilden nach der Mahd der Wiesen ab Mitte Juli wichtige Nahrungsquellen für viele Schmetterlinge und andere Insekten.
Hinter dem Bach am Abhang stehen einige Tannen. Die Baumgruppe wurde aufgelichtet, aber nicht ganz entfernt. Sie bildet mit ihrem Schattenwurf eine Linie, die sich harmonisch ins Gelände einfügt und die Ästhetik der Landschaft unterstreicht.

Rechterhand steht eine Ökowiese hoch, in der viele Schmetterlinge und andere Insekten zu Hause sind. Weil die Sonne sich hinter Wolken versteckt, sehen wir leider nicht allzu viel davon. Bald soll sie gemäht werden. So eine Mahd ist ein zwar notwendiger, aber massiver Eingriff in den Lebensraum Wiese. Damit dieses vielfältige Leben, das seinerseits wiederum Nahrung für viele Vögel ist, überleben und sich vermehren kann, wird die Wiese schonend gepflegt: Gemäht wird mit einem Balkenmäher, der das Gras schneidet im Gegensatz zu den heute meist gebräuchlichen Kreiselmähern, die das Gras abschlagen und dabei einen Grossteil der Insekten töten. Ein sogenannter Altgrasstreifen wird jedes Jahr stehen gelassen, damit Insektenlarven und -puppen darin überwintern können. Dann wird das Gras luftgetrocknet, was wiederum vielen Kleinlebewesen die Flucht in den Altgrasstreifen ermöglicht.
Nun wandern wir direkt neben dem Bach durch die Chlus mit ihrer fast mystischen Stimmung. Auch Josua spüre die spezielle Atmosphäre jedes Mal, wenn er hier ist. Rechts steht eine steiler, aber lichter Blaugras-Buchenwald. Wie die Säulen einer Halle stehen die Buchen. Der Boden ist dicht bewachsen, wobei das Blaugras dominiert. Im Bach finden sich jedes Jahr viele Feuersalamander-Larven. Der feucht-schattige Wald linkerhand bietet den erwachsenen Tieren einen idealen Lebensraum.

Bald öffnet sich die Chlus und wir befinden uns vor einer ebenfalls steilen Weide. Viele Gehölze wie Wildrosen, Schwarzdorn, Weissdorn bilden ein vielfältiges Mosaik, das sorgfältig gepflegt werden muss. Dies geschieht einerseits durch Beweidung, andererseits aber auch durch periodisches Zurückschneiden der Gehölze, damit das Gelände offen bleibt und so vielen Vögeln wie Neuntöter und Goldammern Nahrung und Nistmöglichkeiten bietet.
Um etwas ganz Besonderes zu besuchen, müssen wir eine steile Weide mit glitschigen Trittstellen vom Vieh hochsteigen. Aber es lohnt sich! Hier oben befindet sich ein dichter, dunkler Nadelwald, dessen Boden wegen mangelndem Licht kaum bewachsen ist. Ein Teil dieses Waldes aber wurde vor zwei Jahren grosszügig aufgelichtet, um eine Waldweide zu schaffen. Nun stehen hier einzelne hohe Tannen. Im unteren Stammteil, der bisher astlos war, beginnen sie wieder auszutreiben. Das Gelände wird nun dank einer Spezialbewilligung durch Ziegen beweidet. Nach nur zwei Jahren ist schon viel Grünes gewachsen auf dem einst kahlen Boden. Es wird spannend sein zu beobachten, wie die Pflanzenvielfalt sich entwickeln wird. Vogelarten wie Baumpieper, Trauerschnäpper und Berglaubsänger finden hier optimale Bedingungen vor. Vielleicht siedeln sich sogar Wendehals, Dorngrasmücke oder die Waldohreule an?

Unser letzter Standort ist eine Schürfung. Mit einem Bagger wurde die oberste Bodenschicht, der Humus, abgetragen, um den Pflanzen, die mageren Boden besiedeln, einen Vorteil zu verschaffen. Diese Pflanzen werden die jetzt braunen Flächen aus verwittertem Gestein und etwas Feinerde überwachsen und mit der umgebenden Wiese verschmelzen, aber viele Jahre lang einen besonderen Lebensraum mit spezieller Artenzusammensetzung bilden.
Nun beginnt es zu regnen und wir flüchten zum Bienenhaus am Waldrand, wo wir im Trockenen Hunger und Durst stillen.

Zum Abschluss besuchen wir noch die drei Belchen. Die Künstlerin Barbara Schnetzler hat auf einem kleinen Plateau in der Rinderweide drei gut mannshohe Steine aufgestellt. Je einen aus Jurakalk, Vogesengranit und Schwarzwaldgranit. Diese Steine bilden ein Dreieck mit Seitenlängen im Verhältnis 3:4:5. Das Ensemble repräsentiert die drei Berge Belchenflue (Schweiz), Belchen (Schwarzwald) und Grand Ballon (Vogesen), die von den Kelten mutmasslich als Kalender genutzt wurden. Vom Grand Ballon aus sieht man an den Tag-und-Nacht-Gleichen im Frühling und im Herbst die Sonne über dem Belchen im Schwarzwald aufgehen. Zur Zeit der Wintersonnenwende sieht man die Sonne über der Belchenflue aufgehen.
Text und Bilder: Ruth Macauley