Haselstrauch – Corylus avellana - der Frühaufsteher

15.01.2025

Kaum werden die Tage länger, manchmal schon im Januar, löst jeder Windhauch eine gelbe Pollenwolke aus – sehr zum Leidwesen der Allergiker und verkündet die Blüte des Frühaufstehers nach der Winterruhe: des Haselstrauchs.

Der Haselstrauch bildet weibliche und männliche Blüten aus.  Die männlichen sind die hängenden Kätzchen, die riesige Mengen an Pollen produzieren. Ein einzelnes Kätzchen bildet etwa zwei Millionen Pollenkörner! Sie sind ein wichtiges Nahrungsangebot für die Honigbienen.
Die weiblichen Blüten sind sehr klein und unscheinbar. Sie müssen keine Reklame machen, die Bestäubung erfolgt durch den Wind. Mehrere Blüten zusammen sind von Knospenschuppen umhüllt, nur die roten Narben ragen hervor (siehe Foto).
Wegen dem Klimawandel beginnt die Haselblüte immer früher, aktuell im Durchschnitt bereits drei Wochen früher als noch in den 50er Jahren.
Die Frucht ist eine Nuss, die in einer holzigen Hülle steckt, der Cupula. Sie ist geschützt durch eine dünne, braune Samenschale.

Der Haselstrauch wächst in lichten Wäldern, an Waldrändern und in Hecken, braucht also viel Licht. Sonst ist er recht genügsam und lebenskräftig: Man kann ihn immer wieder auf Stock zurücksetzen, das heisst, alle Stämme absägen. Er wird immer wieder frische Triebe bilden.
Die runzeligen Blätter stehen zweizeilig an den Trieben und sind vorn zugespitzt.
Der Haselstrauch und seine Beziehung zur Fauna
Neben dem Pollen für die Bienen bietet der Haselstrauch auch den Eichhörnchen, Bilchen und Mäusen sowie Kleibern und Hähern seine Nüsse als Futter an. Gleichzeitig helfen diese Tiere ihm bei der Verbreitung: Beim Sammeln verlieren sie manchmal eine Nuss oder sie finden im Winter nicht mehr alle Vorratsverstecke.
Weniger offensichtlich, ernähren sich unzählige Insektenarten von ihren Blättern, Früchten oder dem Saft. Dazu zählt unter anderen der Haselnussbohrer, der auf diese Pflanze spezialisiert ist, ohne sie also nicht überleben kann.

Wurzeln und Mykorrhiza
Die Mykorrhiza ist das Pilzgeflecht, das die Wurzeln mit einem feinen Gespinst umgibt und dem Strauch Nährstoffe zuführt, seinerseits aber Zucker bezieht.
Der Haselstrauch hat unterirdisch verschiedene Partner: der Schwarze Trüffel, der Sommer-Trüffel, der Winter-Trüffel, der Steinpilz und weitere. Das, was wir als Pilze bezeichnen, ist der Fruchtkörper des unterirdischen und daher unsichtbaren Pilzes. Wir sehen also nur seine Früchte.

Geschichte der Verbreitung
Während der letzten Eiszeit musste sich der Haselstrauch in den Norden Portugals zurückziehen, um dort zu überleben. Mit dem Rückzug der Gletscher trat er die Rückreise nach Mitteleuropa an und verdrängte dort die Kiefer und die Birke. Es wird vermutet, dass der Mensch bei der schnellen Ausbreitung mitgeholfen hat. Die Nüsse waren nämlich ein wichtiger Nahrungsbestandteil, da sie rund 60% Fette, reichlich Proteine sowie Zucker enthalten und somit nachhaltig sättigen. Überliefert ist, dass die Hasel nicht gefällt werden durfte. Fremde durften maximal eine Handvoll Nüsse mitnehmen.
Vor 7000 bis 6000 Jahren v.Chr., also währen der Mittleren Steinzeit, war der Haselstrauch das dominierende Gehölz in Europa. Danach wurde er von Eichenmischwäldern zurückgedrängt.

Verwendung des Holzes
Als Fassreifen wurde das Haselholz bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch verwendet. Starke Ruten wurden für Gitterwerk, Blumenstäbe, Vogelschlingen, Teppichklopfer und Korbbügel gebraucht. Ältere Menschen erinnern sich sicher noch, wie die Jugend aus Haselruten Pfeilbogen hergestellt hatte.
Haselkohle dient auch heute noch als Zeichenkohle und zum Herstellen von Schiesspulver!

Haselnüsse als Wirtschaftsfaktor
Für den Anbau wurden verschiede Sorten gezüchtet, die heute meist vegetativ vermehrt werden durch Stecklinge oder Absenker. Weltweit werden über eine Million Tonnen Haselnüsse geerntet! Das aus Haselnüssen gewonnene Öl ist wertvoll. Ganz, geröstet, gehackt oder gemahlen finden die Nüsse sie in Backwaren, Nougat, Krokant und Speiseeis.

Symbolik und Aberglaube
Im alten Rom trugen Unterhändler bei Verhandlungen über Waffenstillstand und Frieden einen Haselzweig mit als Zeichen ihrer guten Absicht.
Ebenfalls in Rom, aber auch in England und in Teilen Deutschlands erhielt die Braut bei der Hochzeit einen Korb mit Haselnüssen als Glücksbringer und Fruchtbarkeitssymbol.
Die Hasel stand aber auch für Sexualität und Fruchtbarkeit. Davon zeugen die folgenden, heute kaum noch gebrauchten Redensarten:
«In die Haseln gehen» für ein Stelldichein,
«Viel Hasel, viel Kinder ohne Vater», «Aus einer Haselstaude entsprungen» weisen auf aussereheliche Beziehungen und daraus entstandene Schwangerschaften.
Ganz andere Eigenschaften wurden der Hasel zugesprochen, wenn man sie als Abwehr gegen Schlangen und Hexen verwendete.
Noch heute wird die Eigenschaft der Hasel, Kraftströme fliessen zu lassen, beim Gebrauch von Wünschelruten genutzt.
Der Weihnachtsfilm «Drei Nüsse für Aschenbrödel» nimmt ebenfalls Bezug zu der Symbolik der Haselnüsse.

Name
Der wissenschaftliche Name avellana bezieht sich auf die italienische Stadt Avella nahe dem Vesuv. Diese Region ist seit dem Altertum für ihren Anbau von Haselnüssen bekannt.

Text: Ruth Macauley